
Der Führungsstil muss zur modernen Arbeitswelt passen
Will man New Work einführen, muss man als Arbeitgeber bereit sein, ausgetretene Pfade zu verlassen. „Wenn der Chef davon überzeugt ist, dass Führung nur über Kontrolle und räumliche Präsenz funktioniert, kann sich keine moderne Arbeitswelt entwickeln“, sagt Arbeitsweltexperte Stefan Dietz.
Stefan Dietz ist Arbeitsweltexperte, Autor sowie Inhaber und Geschäftsführer der entra-Gruppe in Winnweiler. Entra berät Unternehmen und Organisationen bei ihrer Weiterentwicklung und wurde 2019 als „Attraktiver Arbeitgeber Rheinland- Pfalz“ ausgezeichnet.

Auch widerwilligen Mitarbeitern könne man das Thema nicht einfach überstülpen – und vor allem die Führungskräfte müssten sich darauf einlassen. Zentrales Element von New Work ist aus Sicht des Beraters, dass jeder die sinnvolle Aufgabe hat, hinter der er voll und ganz steht. Eine gute Führungskraft müsse sich daher damit auseinandersetzen, welche persönlichen Lebensziele ein Mensch hat und wie seine Rolle im Unternehmen dafür ausgestaltet sein sollte. Man kann etwa einmal im Jahr eine Strategieklausur veranstalten, bei der jeder seine konkreten persönlichen Ziele vorstellt, z. B. „Ich will größere Kunden betreuen, dabei aber weniger reisen“. Aus den Rückmeldungen zusammen mit den Firmenzielen entwickelt sich eine Strategie für die Teams und letztendlich fürs ganze Unternehmen.
In einzelnen Gesprächen erarbeiten die Führungskräfte mit den Mitarbeitenden verbindliche Ziele. „Damit wird erreicht, dass sich jeder voll mit seiner Aufgabe identifiziert und selbst Verantwortung für die Erreichung der Ziele übernimmt, Kontrolle ist dann so gut wie überflüssig“, ist sich Dietz sicher.
Wie man Kontakt und Nähe auch bei Remote Work erreichen kann
Im Normalfall entwickelt sich in Unternehmen, die New Work einführen, eine hybride Form aus Remote Work und Arbeit in Präsenz. „Gute Führung braucht Vertrauen, Kontakt und Nähe, und ich meine hier nicht die räumliche Nähe“, erklärt Dietz. Führungskräfte müssen dies auch in einer neuen Konstellation schaffen und dauerhaft durchhalten, nur so sei Remote Work erfolgreich. Der Tipp des Fachmanns: „Man muss im Kopf loslassen, dass Arbeit und Nähe nur vor Ort passieren, und neue Formen finden, die in der neuen Arbeitswelt gut funktionieren. Das können regelmäßige Teamrunden sein, die man online durchführt. Auch informelle Kommunikation kann online klappen. Zum Beispiel ein virtuelles Mittagessen oder Coffee Dates, wo sich – per Los ausgewählt – zwei Leute miteinander virtuell unterhalten, als wären sie sich zufällig in der Teeküche begegnet.“ Der regelmäßige Kontakt zwischen Teamleiter und Mitarbeiter sei essenziell: „Ob man zweimal am Tag miteinander kurz spricht oder einmal in der Woche, hängt von den Beteiligten und den Aufgaben ab und ergibt sich in aller Regel von selbst.“

Teamarbeit bei entra – der Chef ist unterwegs und wird zugeschaltet.
Wie lernen Mitarbeitende, mit der großen Freiheit umzugehen?
Wenn Menschen bei der Tätigkeit abseits des gewohnten festen Arbeitsortes die Oft sind Chefs aufgeschlossener für neue Arbeitsformen, als es sich Mitarbeiter selbst zutrauen.
Lebensbereiche Arbeit und Freizeit nicht gut auseinanderhalten können und sich selbst ausbeuten, kann das schlimmstenfalls zu Lasten der Gesundheit gehen. „Hier ist es an den Führungskräften, eine gewisse Sensibilität zu entwickeln und bei Bedarf Hilfestellung zu geben“, fordert der Unternehmensberater. Unternehmen sollten ihren Leuten die Möglichkeit geben, angstfrei mit New Work zu experimentieren und herauszufinden, was für sie am besten funktioniert.

So könnte Remote Work auch aussehen: an einem Lieblingsort (hier: Thailand) bei der Arbeit.
Fragen, die jeder Einzelne für sich klären muss, sind zum Beispiel:
- Wie setze ich Grenzen?
- Wie finde ich meinen Rhythmus?
- Wie bin ich am besten produktiv?
- Was inspiriert mich?
- Wie baue ich Selbstdisziplin auf?
- Welche Regeln vereinbare ich mit meinen Kindern?
- Wie baue ich Bewegung in mein Arbeitsleben ein?
Dabei können dann sehr individuelle Lösungen herauskommen, zum Beispiel ein Modell mit abwechselnd zwei Wochen im Büro und zwei Wochen im Homeoffice oder an einem inspirierenden Lieblingsort, also „Workation“. Das ist nicht nur für Menschen interessant, die neben der Arbeit vielleicht auch noch die Familie und ihre sonstigen Interessen jonglieren wollen, sondern auch für Unternehmen – sie können tolle Leute nämlich auch in der Ferne finden.
Grafiken: stock.adobe.com – svetazi
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Kira Hinderfeld
Freie Wirtschafts-Journalistin für IHK Interaktiv und das Wirtschaftsmagazin Pfalz.
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