
Einzelhandel vor vielen Widrigkeiten, die in Summe wirken
„Der Einzelhandel, gerade der innerstädtische, hat nicht nur mit einem Problem zu kämpfen – er sieht sich gleich mehreren Widrigkeiten ausgesetzt, die in Summe wirken“, wie er nachdrücklich feststellt. „Das beginnt beim irreversibel veränderten Kaufverhalten, das sich in der Corona-Krise noch verstärkt hat: Die Menschen ziehen sich verstärkt in digitale Räume zurück und wollen dort auch einkaufen.“ Hinzu komme ein kultureller Wandel, und das nicht nur mit Blick auf das andersgeartete Kaufverhalten etwa von Zugewanderten. Ein konkretes Beispiel aus seinem direkten Umfeld: „Früher hatten wir bis zu 25 Hochzeitstische gleichzeitig in unseren Verkaufsräumen – den letzten überhaupt gab es vor drei Jahren. Wer heute heiratet, lebt nun mal meist schon im selben Haushalt, und sowieso lässt man sich viel lieber ein Erlebnis schenken als etwas Bodenständigeres.“
Als weiteren Trend nennt er die ungebrochene Beliebtheit von Outlet-Zentren – Stichwort Schnäppchenjagd. Hier Paroli zu bieten, fiele umso schwerer, wenn dort, wie im nahen Zweibrücken der Fall, die Sonntags-Öffnungszeiten erweitert werden. Darin sieht er „einen Sargnagel für den lokalen Einzelhandel“. Gleichzeitig wenden sich die Hersteller vom Einzelhandel als ihrer originären Kundschaft ab, stellt Wölfling fest. Per Direktvermarktung nämlich, ob über eine eigene Filialkette, Fabrikverkäufe oder online, wachse deren Marge, während der Facheinzelhandel gerne noch als lokaler Marktdurchdringer genutzt werde. Szenarien wie diese stellt Wölfling in den Zentren aller deutschen Städte fest, wenn auch in unterschiedlichen Dimensionen ausgeprägt. „Im Ergebnis geht der Aufenthaltscharakter zurück – mehr oder weniger schnell und dramatisch.“
Was das auf der Zeitschiene bedeutet? Eine Antwort darauf sieht er allenfalls in der Kristallkugel. Ungeachtet dessen gelte es, unermüdlich die eigenen Stärken in die Waagschale zu werfen und permanent Gas zu geben: Weniger Frequenz kann aktuell kompensiert werden durch höhere Kaufimpulse dank besserer Beratung und mehr Kundennähe. Dieses Rezept ist jedoch fragil. Auf lange Sicht empfiehlt er eine deutliche Spezialisierung, auch wenn einem „weniger Konkurrenz im Gegenzug den so wichtigen Spiegel der Selbstwahrnehmung und -verortung nimmt“.

Separates Gebäude für die Großhandelssparte mit Haustechnik, Werkzeugen, Eisenwaren und Stahl für das Metall verarbeitende Handwerk
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Andreas Becker
Freier Wirtschafts-Journalist für IHK Interaktiv und das Wirtschaftsmagazin Pfalz.
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