
Konjunkturbericht: Pfälzer Wirtschaft blickt in frostige Zukunft
Gehofft hatten die Pfälzer Unternehmerinnen und Unternehmer auf eine Erholung nach der Corona-Pandemie. Stattdessen stehen sie heute an der Schwelle zu einer Rezession. Der Konjunkturklimaindex stürzt weiter ab um 18 Punkte auf jetzt 70 Punkte, identisch wie zu Zeiten der Corona-Lockdowns.
Hauptgrund dafür sind die desolaten Geschäftsaussichten. Das sind die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) für die Pfalz. IHK-Präsident Albrecht Hornbach: „Die Mehrheit der Unternehmer sind voller Sorgen: Explodierende Energiekosten, Materialknappheit, Fachkräftemangel und eine ausgeprägte Konsumzurückhaltung infolge der grassierenden Inflation stellen die Firmen vor extreme Herausforderungen.“
Das aktuelle Geschäftsklima ist bei rund jeweils einem Viertel der Unternehmen über alle Branchen hinweg gut (genau: 26%) oder schlecht (genau: 25%). „Allerdings blickt die Pfälzer Wirtschaft äußerst pessimistisch auf die nächsten zwölf Monate“, erläutert Ruth Scherer, Konjunkturexpertin der IHK Pfalz, die Ergebnisse. „Über die Hälfte der Firmen erwartet einen starken Konjunktureinbruch (56%), nur 5% gehen von besseren Geschäften aus.“
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Die Investitionsplanungen sind dem entsprechend gesunken: 37% wollen weniger Geld ausgeben und 35% bleiben bei den bislang geplanten Summen. „Dabei sorgen sich die meisten Unternehmen um die Entwicklung der Energie- und Rohstoffpreise (87%; Mehrfachantworten möglich).“ Danach folgen die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs (62%) sowie der Fachkräftemangel (57%). „Bessere Nachrichten gibt es vom Arbeitsmarkt“; so Scherer. „Der Fachkräftemangel bringt die Betriebe dazu, ihre Arbeitskräfte zu halten.“ So planen 68% mit gleich bleibendem Personalstand, auch wenn 21% über Entlassungen nachdenken. Gut jeder zehnte Betrieb denkt weiterhin über eine Aufstockung seines Personals nach.
Industrie
Für die Industrieunternehmen ist die aktuelle Geschäftslage zufriedenstellend (46%) oder sogar gut (32%, Frühsommer: 55% bzw. 29%). Die Geschäftserwartungen fallen dagegen deutlich schlechter aus, denn 57% rechnen mit schlechteren und 4% mit besseren Geschäften. Auch die Exporterwartungen sind gesunken – 41% der befragten Unternehmen gehen von weniger und 11% von mehr Auslandsabsatz aus. Die Investitionsbereitschaft sinkt, so wollen nur 30% mehr ausgeben, aber 39% der Unternehmen weniger. Zwei Drittel der Unternehmen wollen den aktuellen Personalstand halten und 11% denken über Neueinstellungen nach.
Handel
Im Handel sagen nur noch 23% der Unternehmen, ihre Lage sei gut und 33% nennen sie schlecht (Frühsommer: 20% bzw. 33%). Dass sich die Geschäfte negativ entwickeln, davon gehen inzwischen 56% aus und nur 42% rechnen mit gleichbleibenden Geschäften (52% bzw. 37%). Scherer: „Hier zeigt sich, dass die Kunden weniger konsumieren.“ Die Investitionsneigung der Händler sinkt deutlich: 47% wollen weniger investieren und nur 26% mehr. Die Zahl ihrer Beschäftigten halten wollen 73% der Unternehmen und 21% denken über Entlassungen nach.
Dienstleistungen
Auch bei den Dienstleistern hat sich die Stimmung verschlechtert. Als gut bezeichnen 19% die aktuelle Lage, als zufriedenstellend 57% (Frühsommer: 30% bzw. 54%). Von einer schlechteren Geschäftsentwicklung in den nächsten zwölf Monaten gehen 53% aus und von besseren noch 6%. Mehr investieren – vor allem zu Rationalisierungszwecken und zur Ersatzbeschaffung – wollen 28% der Unternehmen und 24% kürzen ihr Budget. Über Neueinstellungen denken nur noch 16% nach und 68% wollen ihre Mitarbeiterzahl konstant halten.
Gastgewerbe
Zufrieden mit der Geschäftslage sind 51% der Hoteliers und Gastwirte, 29% sprechen von guten Geschäften (Frühsommer: 41% bzw. 23%). „Die Belebung in der Gastronomie war nur von kurzer Dauer, denn die Geschäftserwartungen stürzen geradezu ab“, analysiert Scherer die Zahlen: 78% der Unternehmen rechnen mit schlechteren Geschäften und lediglich 2% gehen von besseren Geschäften aus. Das schlägt sich auch bei den Investitionen nieder – die Hälfte der Unternehmen reduziert ihre Ausgaben und nur 24% wollen mehr investieren. Von Personalabbau sprechen 30% der Betriebe und nur 2% wollen neue Mitarbeiter einstellen.
INFO
Der Konjunkturbericht der IHK Pfalz beruht auf der regelmäßigen Befragung von rund 1.400 Unternehmen, überwiegend Handelsregister-Firmen aus den Wirtschaftssektoren Industrie, Handel und Dienstleistungen und Gastgewerbe. Sie repräsentieren rund 70 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Pfalz. Die Ergebnisse sind nach Beschäftigtengrößenklassen gewichtet. Die Befragung wurde im Zeitraum vom 27. September bis 19. Oktober 2022 durchgeführt.
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Alexander Kessler
IHK Pfalz
Redakteur für Print, Web und Social Media im Bereich Öffentlichkeitsarbeit der IHK Pfalz.
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