
Quarantäne in China – Ein Erfahrungsbericht
Seit nunmehr zwei Jahren verfolgt China eine Null-Covid-Strategie und hält eine allgemeine Einreisesperre aufrecht. (Geschäfts-)Reisen nach China sind nur mit triftigem Grund und aufwendiger Organisation möglich. Für deutsche Unternehmen ist es dementsprechend schwierig, einen authentischen Einblick über die Lage und Stimmung in China zu bekommen.
Im Interview gibt Dr. Markus Kamieth, Mitglied des Vorstands der BASF SE aus Ludwigshafen, Einblick in seine Erfahrungen bei Einreise und Quarantäne in China. Kamieth ist in den vergangenen zwei Jahren mehrfach nach China gereist und war bereits vier Mal in Quarantäne.
Mit welchem Gefühl haben Sie die Reise angetreten und welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Natürlich denkt man schon darüber nach was passiert, wenn man sich beispielsweise während des Fluges infiziert und auf einmal in China positiv getestet wird. Ich habe darüber auch mit erfahrenen Kollegen gesprochen und auch die Ansprechpartner von der AHK China konsultiert. Das hat mir geholfen. Ansonsten wusste ich ja schon, was mich so ungefähr erwartet. Trotzdem war ich dieses Mal von der Einreiseprozedur und dem Hotel in Qingdao sehr positiv überrascht. Ein schöner Ausblick auf den Strand von Huangdao und das schöne Wetter haben es manchmal sogar fast angenehm erscheinen lassen.
Sie sind dieses Mal mit dem Charterflug-Programm der Auslandshandelskammer (AHK) China gereist. Wie haben Sie den Ablauf des Programms erlebt?
Dies war zwar schon meine vierte Reise mit anschließender Quarantäne nach China, aber das erste Mal mit dem AHK-Charterflug. Es war – unter den gegebenen Umständen – eine wirklich sehr gute Erfahrung. Von A bis Z war alles sehr gut organisiert und durchdacht. Angefangen von den Instruktionen vor der Reise bis zur WeChat-Gruppe während der Hotel Quarantäne war alles professionell organisiert und immer auf die Bedürfnisse der Reisenden ausgerichtet. Das kann man unter derzeitigen Restriktionen, die für China Reisen nun mal gelten, kaum besser machen.
Welche Tipps haben Sie als „Quarantäne-Profi“ für andere Unternehmer?
Das Wichtigste ist aus meiner Sicht, eine gute Portion Gelassenheit mitzubringen. Man muss einfach akzeptieren, dass man viele Schritte durchlaufen muss, die nicht immer wirklich Sinn ergeben oder ineffizient erscheinen. Es bringt wenig, sich über Dinge aufzuregen, die man nicht ändern kann. Ansonsten sollte man unbedingt planen, wie man sich während der drei Wochen im Hotelzimmer sportlich betätigen will. Mediale Unterhaltung ist in der heutigen Zeit ja kein Problem. Man sollte allerdings daran denken, dass die typischen Streamingdienste meist nur mit einem guten VPN-Client funktionieren.
Wie hat sich Ihren Eindrücken nach die VR China in den vergangenen zwei Jahren verändert und wie ist die Stimmung aktuell dort?
China ist auf der einen Seite immer noch Entwicklungsland mit sehr vielen Herausforderungen für die Bevölkerung und gleichzeitig in vielen Bereichen das modernste Land der Welt, wo Innovationen mit atemberaubender Geschwindigkeit vorangetrieben werden. Das Land hat sich in den vergangenen Jahren sicher ein gutes Stück vom Rest der Welt entfernt. Die Pandemie und Chinas Null-COVID-Strategie haben dies zwar beschleunigt, sie sind aber nicht die alleinige Triebkraft. Der Fokus der Chinesen auf ihr eigenes Land hat zugenommen. Impulse von außen werden seltener und damit steigt tendenziell auch die Skepsis gegenüber Fremdem. Das wird unterstützt durch den politischen Willen der Regierung, China wirtschaftlich, kulturell und militärisch unabhängiger und damit weniger anfällig zu machen. Mein Eindruck ist, dass die meisten Chinesen sehr stolz auf das Erreichte der letzten Jahrzehnte sind und weiter den internationalen Austausch als Chance sehen.
Durch die zunehmende Abschottung Chinas nehmen viele deutsche Firmen mit Niederlassung in China eine zunehmende Entfremdung der chinesischen Tochter vom deutschen Mutterhaus wahr. Welche Erfahrungen macht BASF damit und wie geht man damit um?
Da ist schon was dran. Die allermeisten Führungskräfte bei BASF waren seit mehr als zwei Jahren nicht mehr in China, obwohl dies unser wichtigster Wachstumsmarkt ist und lange bleiben wird. Und in zwei Jahren verändert sich ein Land wie China enorm. Das gilt für die Gesellschaft aber eben auch für Märkte, Kunden und Technologien. Natürlich sind alle praktisch rund um die Uhr im virtuellen Austausch mit unseren Mitarbeitern in China, aber das ersetzt eben auch nicht die persönliche Erfahrung von Gesprächen und Besichtigungen im Land. Dort, wo Präsenz ausländischer Mitarbeiter in China aber essenziell ist, sind viele BASF-Mitarbeiter mit Ihren Familien bereit, auch in diesen komplizierten Zeiten den Weg nach China zu suchen zum Beispiel bei der Planung und Bau unseres neuen Verbundstandortes in der Provinz Guangdong in Südchina. Das ist das größte Investitionsprojekt in unserer Geschichte und das geht nur mit den besten Experten vor Ort.
Mit welchen Erwartungen und Wünschen blicken Sie in die Zukunft?
Ich erwarte, dass auch 2022 für BASF in China wieder ein starkes Geschäftsjahr sein wird. Ich hoffe wir kommen bei unserem neuen Verbundstandort in Südchina trotz der Corona Restriktionen weiter gut voran. Wir werden auch beim Thema Nachhaltigkeit in China weiter große Schritte vorankommen. Bereits heute beziehen wir beispielsweise schon einen hohen Anteil an erneuerbaren Energien in China, wo enorm viel und schnell in den Ausbau investiert wird. Ich bin mir sicher, dass wir zusammen mit unseren Kunden in China wieder viele Innovationen in den Markt bringen werden und weiter die Nachhaltigkeit in vielen unserer Kundenindustrien voranbringen werden. Wir haben in China viel vor, haben aber auch ein tolles Team von über 10.000 Mitarbeitern, die auch in herausfordernden Zeiten wieder ihr Bestes geben werden. Unser wichtigstes Ziel bleibt jedoch die Sicherheit unserer Mitarbeiter. Hier sind wir in China schon Weltspitze und wollen noch besser werden.
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Anne-Christin Werkshage
IHK Pfalz Referentin für Asien, Afrika, Auslandsmarketing sowie Kompetenzzentrum China und Vietnam
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