
Sparen vor Aufbereiten
Die Landwirtschaft ist in der Pfalz der größte Wasserverbraucher, noch vor Energiewirtschaft (Kühlwasser) und Industrie (Trink- und Brauchwasser für die Produktion) sowie den privaten Haushalten auf Platz 4. Allerdings produzieren Betriebe wie Verbraucher im Gegensatz zur Landwirtschaft Abwasser, das man wieder nutzen kann. Ausgefeilte Verfahren zum Wassersparen und -aufbereiten existieren bereits, jetzt müssen Unternehmen sie auch einsetzen.
„Wasserknappheit ist in den vergangenen Jahren auch in der Pfalz regional aufgetreten“, weiß Stefan Krieger, Geschäftsführer der HydroIngenieure Energie & Wasser GmbH, Kaiserslautern, aus Erfahrung. „Einige Kommunen waren kurz davor, rationieren zu müssen.“ Die Ressource Wasser wird seiner Meinung nach in Zukunft ein Investitionstreiber werden, „speziell in solchen Unternehmen, die viel Wasser verbrauchen, und sobald die Preise für Wasser und Abwasser steigen. Da steht uns ein Umdenken bevor.“ Kriegers Kollege, Standortleiter Bernd Haberkern, ergänzt: „Abwasser sehen viele Betriebe nicht als ihr Kerngeschäft, allerdings spürt man ein Umdenken: immer dann, wenn hohe Gebühren anfallen und neue gesetzliche Vorgaben erfüllt werden müssen.“
Kühlen, spülen und Dampf erzeugen
Drei große Einsatzbereiche für Wasser gibt es in Industrie und Produktion: Kühlwasser (vor allem Kraftwerke, auch wärmebasierte Prozesse), Spülwasser (Behälter, Rohrleitungen, Produkte) sowie Dampferzeugung. Zwei große Trends rund um Wasserverrrauch und Abwasserrecycling in den drei Bereichen beobachten die Experten zurzeit:
- Steigende Anforderungen an Hygiene im Lebensmittel- und Pharma-Bereich steigern den Spülwasserbedarf und blockieren (Ab-)Wasserwiederverwendung; Ähnliches gilt für die Produktqualität (z.B. Oberflächenbehandlung in der Metallbearbeitung und der AutomotiveBranche).
- (Ab-)Wasserintensive Industrien sind oft abgewandert (Textilfärbereien, Stahlindustrie), neue Gewerbe benötigen häufig wenig Wasser (Logistik, Dienstleistungen, Rechenzentren).
„Die beiden gegenläufigen Trends bewirken, dass der Wasserbedarf in der Industrie eher sinkt als steigt“, resümiert Wasserexperte Haberkern. Dazu kommen aktuelle Nachhaltigkeitsbestrebungen, die sich um den Umgang mit der Ressource Wasser verdient machen.
„Produktions- und Spülzyklen werden häufig dann optimiert, wenn eine starke Verschmutzung im Abwasser auftritt“, erfährt Haberkern in seiner beruflichen Praxis.
„Denn meist handelt es sich um Produktverluste während der Produktion, die sich im Abwasser niederschlagen, und diese verlorenen Rohstoffe schmälern den Gewinn.“ In manchen Fällen, so Haberkerns Erfahrung, sind auch begrenzte Kapazitäten in der Wasserver- und -entsorgung der Grund, warum Betriebe aktiv werden, „etwa wenn man von Brunnen abhängig ist oder ein Pumpwerk an seine Grenzen kommt.“
Vermeiden vor Recyceln
Bei der Planung von Maßnahmen gehen die Hydro-Ingenieure nach Prioritäten vor: Vermeiden von Wasserverbrauch, Verringern von Abwasserbelastung, Aufbereiten und Recyceln. Ausgereifte Verfahren dafür gibt es zur Genüge:
- Kreislaufführung von Spülwassern
- verbesserte Spültechniken für Behälter und Rohrleitungen (Cleaning in Place = CIP-Anlagen)
- Anaerob-Anlagen (biologisches Abbauen)
- Einsatz von Filtration mit Membranen
- Einsatz von Aktivkohle zur Adsorption von Schadstoffen
- Spezialverfahren zur Entgiftung und Hygienisierung (Ozonung, UV-Bestrahlung)
- energieoptimierte Verfahren der Vakuumverdampfung zur Reduzierung von Abwasser
Die Herausforderung derzeit ist, maßgeschneiderte Lösungen für jeden Anwendungsfall zu konstruieren. „Die Innovation besteht häufig in der Neukombination von Maßnahmen“, so Haberkern. „Wasser sparen, Schadstoffe vermeiden, Energie effizient einsetzen, rückgewinnen und in den Kreislauf zurückführen – das sind komplexe Aufgaben, die vor allem vom Anlagenbau Kreativität und Innovationsfreude fordern.“
Grünes Licht für Kunststoff Recycling Grünstadt
Ein gutes Beispiel dafür ist die anspruchsvolle Abwasserreinigung bei Kunststoff Recycling Grünstadt (KRG). Eine hochmoderne Kunststoff-Recyclinganlage, eine Investition von 25 Millionen Euro, wäre beinahe am zu erwartenden, mit Tensiden belasteten Abwasser gescheitert. Die Hydro-Ingenieure aus Kaiserslautern haben dafür jetzt in gemeinsamen Gesprächen mit dem Grünstadter Industriebetrieb, dem Kläranlagenbetreiber und der Behörde eine abgestufte Vorgehensweise vorgeschlagen, mit der alle Beteiligten leben können. Der
Realisierung der neuen Kunststoff-Recyclinganlage steht nun nichts mehr im Wege.
Foto: Hydro-Ingenieure
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Marion Raschka
Freie Wirtschafts-Journalistin für IHK Interaktiv und das Wirtschaftsmagazin Pfalz.
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