
Steigerungspotenzial vorhanden
Welche Faktoren zeichnen einen Hidden Champion vor allen anderen aus?

Welche Voraussetzungen sind an einem Wirtschaftsstandort wie der Pfalz besonders günstig oder auch besonders ungünstig für die Entwicklung von Hidden Champions?
Wie beurteilen Sie den Status quo und das wirtschaftliche Klima derzeit?
Ein Blick in die Zukunft: Welche Branchen oder vielleicht auch regionale Themen halten Sie für besonders geeignet, um künftig deutschlandweit und/oder international Alleinstellung zu erlangen beziehungsweise sich weiter zu profilieren?
Hier geht es wiederum um die Themen Verfügbarkeit von Talenten (das heißt Aus- und Weiterbildung) und Verkehrsanbindung. Natürlich müssen die Kosten international wettbewerbsfähig bleiben, obwohl sie nicht mehr so stark an erster Stelle stehen. Das hat vor allem mit dem Thema Automatisierung zu tun. Durch Automatisierung lassen sich einfache Tätigkeiten, bei denen bisher Kosten eine große Rolle spielten, ohne menschliche Arbeit verrichten.
Unter diesem Aspekt sind die Löhne nicht mehr so wichtig. Für die Pfalz spielt sicherlich die zentrale Lage in Europa eine große Rolle. Ob die Region darüber hinaus eine Bindewirkung zwischen Deutschland und Frankreich ausüben kann, ist offen. Traditionell ist hier das Saarland etwas stärker eingebunden. Generell halte ich aber die Beziehung Deutschland-Frankreich in einem sich problematisch entwickelnden Europa für sehr wichtig. Für die Zukunft sehe ich eine Investitionswelle auf Deutschland und Europa zurollen. Dahinter steckt eine Entwicklung, die ich als „relative Deglobalisierung“ bezeichne und bereits seit zehn Jahren beobachte. Relative Deglobalisierung bedeutet, dass die Exporte langsamer wachsen als die Bruttoinlandsprodukte.
Exporte werden zunehmend durch Direktinvestitionen ersetzt. Das bedeutet einerseits, dass Wertschöpfung von Deutschland ins Ausland, insbesondere nach China und Amerika, verlagert wird. Dasselbe findet aber auch in der umgekehrten Richtung statt. Erste massive Anzeichen sind die Tesla-Fabrik in Grünheide und die Ankündigung von Intel, acht Gigafabriken in Europa zu bauen, die jeweils zehn Milliarden Euro kosten. Es geht also um eine Investitionssumme von 80 Milliarden Euro, die man sich kaum vorstellen kann. Deutschland ist noch in der Shortlist der möglichen Standorte, und ich hoffe, dass Deutschland keine Fehler macht und eine oder sogar mehrere dieser Intel-Gigafabriken anziehen kann.
Mir ist nicht bekannt, ob auch die Pfalz in der Shortlist ist. Es könnte durchaus sein, dass mit der Umgebung BASF etc. die Pfalz eine Rolle spielt. Im Moment haben wir nur vier chinesische Greenfield-Fabriken in Deutschland, während es um die 2.000 deutsche Fabriken in China gibt. Wir werden viele Investitionen von Chinesen sehen. Alle der rund 100 chinesischen Automobilzulieferer, die ich getroffen habe, sagten, dass sie in Deutschland investieren wollen, um mit den deutschen Autoherstellern ins globale Geschäft zu kommen.
Ich sehe große Chancen für Investitionen aus China und den USA, aber auch aus anderen europäischen Ländern. Natürlich muss man diesbezüglich aktiv werden und nicht darauf warten, dass die Investoren an die eigene Tür klopfen. Rheinland-Pfalz versucht das, aber im Vergleich zu anderen Ländern habe ich den Eindruck, dass hier noch Steigerungspotenzial besteht.
Was macht den Erfolg der Hidden Champions aus Deutschland, Österreich und der Schweiz aus? Welche Strategien entwickeln sich positiv, und wie müssen Unternehmen diese angesichts von Digitalisierung, Klimawandel und neuen Märkten wie China anpassen? Antworten auf diese Fragen und Impulse zum Thema liefert dieses Buch vom Vordenker in Sachen heimliche Weltmarktführer.
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Marion Raschka
Freie Wirtschafts-Journalistin für IHK Interaktiv und das Wirtschaftsmagazin Pfalz.
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