
Trauer am Arbeitsplatz sollte kein Tabu sein
Trauer am Arbeitsplatz ist ein leider zu wenig beachteter Aspekt der Trauer, der Menschen nicht nur bei der Arbeit blockieren und ausbremsen, sondern sogar krank machen kann. Was kann ein Unternehmen tun, um die Betroffenen selbst, aber auch deren Kolleginnen und Kollegen zu unterstützen?
Man müsse den Tod aus seiner Nische herausholen, fordert die gelernte Bestattungsfachkraft, die seit einigen Jahren professionelle Trauerbegleitung anbietet. „Betretenes Schweigen, Blickkontakt vermeiden, gutgemeinte, aber unangebrachte Umarmungen – es gibt vieles, das man als mitfühlender, aber mit der Situation überforderter Mitmensch falsch machen kann“, berichtet Wiesneth. Am wichtigsten sei, einfach Hilfe anzubieten und dabei unaufdringlich und authentisch zu sein. „Wir haben es mit Menschen in einer außergewöhnlichen Situation zu tun. Sagen Sie ihnen, dass es Ihnen leid tut, bieten Sie Hilfe an, fragen Sie eventuell ganz ehrlich, was der Trauernde gern von Ihnen hätte oder wie Sie ihn unterstützen können.“ Man kann etwa fragen, ob man etwas vom Arbeitspensum abnehmen oder vielleicht Schichten oder Tätigkeiten tauschen kann.
Tipps gibt es nicht nur für den direkten Kollegenkreis, sondern auch für die Vorgesetzten. Arbeitgeber hätten viele Möglichkeiten, ihre Beschäftigten zu unterstützen und mit dem schwierigen Thema strukturiert und dabei einfühlsam umzugehen. Die Trauerexpertin rät Unternehmen beziehungsweise Personalabteilungen, sich nicht erst im Fall des Falles Gedanken darüber zu machen, was man seitens des Unternehmens tun kann, um es Trauernden und den Kollegen etwas leichter zu machen, sondern eine eigene Trauerkultur zu entwickeln – natürlich abhängig von den Möglichkeiten des Unternehmens.
Ein erster Schritt könnte sein, einen Ansprechpartner, einen „Trauerbeauftragten“, zu benennen. Dieser kann den Trauernden und den Kollegen Hilfestellung anbieten und Fragen beantworten, kann bei den Kondolenzschreiben und Traueranzeigen mitwirken, eine Gedenkveranstaltung organisieren und vieles mehr. Sinnvoll sei es auch, im Unternehmen Regeln für Trauerurlaub festzulegen, sofern nicht durch Tarifverträge geregelt. Das Bundesurlaubsgesetz trifft hier keine eindeutigen Aussagen.
„Unterstützung kann etwas so Simples sein wie die Anpassung der Arbeitszeit. Trauernde schlafen oft schlecht, vielleicht können sie später mit der Arbeit anfangen oder bekommen spezielle Gleitzeitmöglichkeiten.“ Generell sollte man Trauernden die Möglichkeit geben, zu sagen, was sie gern hätten. Die einen wünschen sich „Normalität“ im Umgang, andere brauchen besondere Unterstützung. Auf keinen Fall sollte man den Betroffenen das Gefühl vermitteln, sie würden gemieden. „Idealerweise bieten Sie Hilfe dabei an, gemeinsam herauszufinden, wie die Unterstützung aussehen könnte!“ rät Wiesneth.
Was Arbeitgeber zum Beispiel tun können:
• eine Trauerkultur entwickeln
• ggf. eine Ansprechperson – einen „Trauerbeauftragten“ – im Unternehmen benennen
• Kondolenzschreiben und Traueranzeigen individuell, persönlich und mit höchster Sorgfalt gestalten
• Unterstützung proaktiv anbieten – das Gespräch mit dem Trauernden suchen und dessen individuelle Bedürfnisse klären
• Arbeitszeit anpassen, wenn gewünscht
• Auszeit anbieten
• Trauerbegleitung anbieten und organisieren
• Sonderurlaub im Trauerfall anbieten
• praktische Hilfestellungen anbieten wie Einkaufen
• „Ausnahmezustand“ im Unternehmen zulassen
• Gedenkfeier organisieren
• Kondolenzbuch auflegen
• bei Tod am Arbeitsplatz: Bereich umgestalten
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Kira Hinderfeld
Freie Wirtschafts-Journalistin für IHK Interaktiv und das Wirtschaftsmagazin Pfalz.
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