Waldi und die Seidenraupen
Für ihre Haustiere geben die Deutschen im Jahr an die sechs Milliarden Euro aus, und bei der Wahl der Nahrung entscheiden sich immer mehr für Bioprodukte. Ein Trend, der sich aus Sicht von Martin Sieland fortsetzen dürfte. Gemeinsam mit Bernd Nendersheuser hat er Anfang 2021 die purento GmbH im pfälzischen Schwegenheim übernommen, einen renommierten deutschen Anbieter von Bio-Tiernahrung.
Zuvor hatten die beiden eigentlich aus dem Lebensmittelbereich stammenden Unternehmer in Thailand eine Firma gegründet, um Insekten als Nahrungsmittel nach Deutschland zu importieren. Ausgebremst durch die unklare Gesetzeslage und die Coronasituation, entschieden sie sich, vom Produzenten zum Abnehmer zu werden und dabei ihre langjährige Expertise in nachhaltigen alternativen Proteinquellen sinnvoll einzusetzen.
Unter der seit fast 15 Jahren am Markt sehr bekannten Marke Terra-Pura Tiernahrung sind diverse Bio-Tiernahrungsprodukte im Angebot – Nass- und Trockenfutter sowie eine Vielzahl an Snacks für Hunde und Katzen sowie Pferdeleckerli. Anders als konventionelle Tiernahrung haben alle Zutaten der Terra-Pura-Produkte nicht nur Lebensmittelqualität, sondern mit Bio- und Bioland-Siegel garantierte Bio-Qualität. Die Rezepturen werden in Zusammenarbeit mit Ernährungsspezialisten und Tierphysiologen entwickelt. „Das zahlt sich aus, wenn man seinem Vierbeiner eine gesunde, ausgewogene Ernährung mit allen nötigen Nährstoffen, Vitaminen und Spurenelementen anbieten will“, ist Sieland sicher. Denn viel mehr Tiere, als man gemeinhin vermutet, reagierten allergisch auf Nahrungsbestandteile, insbesondere Hunde hätten oft mit Verdauungsproblemen zu kämpfen.
Tiere sind Familienmitglieder
„Haustiere entwickeln sich immer mehr zu Familienmitgliedern, auf deren Ernährung genauso viel Wert gelegt wird wie auf die der menschlichen Hausgenossen“, glauben die Unternehmer. Minderwertige Fleischabfälle, Chemie und Geschmacksverstärker sind in Terra-Pura-Produkten nicht zu finden, der überzeugte Vegetarier Sieland reist persönlich zu Biobauern, um das richtige Fleisch, Obst und Gemüse zu finden. Vom Fleisch wird verarbeitet, was für den menschlichen Verzehr nicht geeignet ist, und beim Obst und Gemüse das, was nicht so hübsch aussieht. „So muss nichts Gutes entsorgt werden, und das entspricht unseren Vorstellungen von Nachhaltigkeit“, erläutert Mitinhaber Nendersheuser.

Martin Sieland (links) und Bernd Nendersheuser (3. v. r.) mit ihrem Team
Nahrung aus Insekten
Nachhaltig ist auch die neueste Idee aus dem Hause purento: Man will das Angebot um proteinreiche Nahrung aus Insekten erweitern. Rund 250.000 Tonnen Seidenraupen werden bislang allein in Indien jährlich vernichtet oder als Dünger verwendet, wenn sie ihren Lebenszweck der Seidenfadenproduktion erfüllt haben. „Die reinste Verschwendung, wenn man bedenkt, dass Insekten die bei Weitem klimafreundlichste Möglichkeit sind, Proteine herzustellen. Für ihre Aufzucht verbraucht man nur wenige Ressourcen, wenig Fläche, wenig Wasser, der CO2-Fußabdruck ist winzig. 100 Prozent der Masse sind verwendbar, beim Rind sind es nur 40 Prozent“, berichtet Sieland. Außerdem hätten Seidenraupen einen tollen Gehalt an Nährwerten, seien überaus bekömmlich und für Allergiker geeignet.
Der Geschmack zählt
Da die Raupen den Weg nach Europa bisher nur als Koi-Futter, aber noch nicht als Tiernahrung gefunden haben, testen die Schwegenheimer derzeit neue Dinkelkeks-Rezepturen für Hunde auf Fliegen-Basis. Die Larven der „Schwarzen Soldatenfliege“ weisen fast so gute Werte auf wie die asiatische Seidenraupe – und diese bekommt man in Deutschland, genauer gesagt in Brandenburg. Die ersten Probefressen verliefen jedenfalls positiv – anders als bei Herrchen oder Frauchen spielt bei Tieren der „Igitt-Faktor“ keine Rolle, da zählt nur der Geschmack.
Zahlen und Fakten
• Umsatz: ca. 900.000 Euro pro Jahr
• Mitarbeiter: 8
• Eingesetzte Rohstoffe:
ca. 100 Tonnen Bio-Fleisch, ca. 15 Tonnen Bio-Gemüse und Bio-Obst pro Jahr
• Produktion: ca. 100 Tonnen Nassfutter, Trockenfutter, Snacks pro Jahr
• 16 Sorten Nassfutter (davon 2 vegan)
• 4 Sorten Trockenfutter (davon 1 vegan)
• ca. 20 verschiedene Snacks (vegan sowie fleischhaltig)
• Bio-Kräutermischungen als Nahrungsergänzungsmittel
• Unternehmensphilosophie: Lasse die Nahrung deine Medizin sein (Sokrates)
• Ziel: unter Beibehaltung der Produktqualität am Standort zu wachsen, insbesondere den Bereich Snacks weiter auszubauen
Fotos: Firmenfotos, stock.adobe.com – 5second

Obst und Gemüse, das lediglich nicht mehr so frisch aussieht, wird für Tierfutter verarbeitet.
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Kira Hinderfeld
Freie Wirtschafts-Journalistin für IHK Interaktiv und das Wirtschaftsmagazin Pfalz.
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