
Wasserstoff – Energie der Zukunft
Wasserstoff kann Elektromotoren antreiben, Gas und Kohle in industriellen Prozessen ersetzen, Energie speichern und Häuser heizen. Das Multitalent hat Potenzial, um zu einer raschen Energiewende beizutragen. Die Wasserstoff-Geschichte reicht weit zurück: H2 trieb Zeppeline an, machte die moderne Raumfahrt möglich und gilt schon lange als Brennstoff der Zukunft. Nach dem Absturz der „Hindenburg“ 1937 fürchtete man seine chemische Reaktionsfreudigkeit. Dabei macht genau sie den Wasserstoff so wertvoll.
Wasserstoff kann in vielen Einsatzgebieten ein potenzieller Treiber für Wirtschaft und Beschäftigung sein. Die Crux: Wer Wasserstoff herstellt, zahlt einen hohen Preis. Denn derzeit werden rund 90 Prozent mit Strom aus Erdgas gewonnen, Energiebilanz: unterirdisch. Und: Nicht überall, wo man Wasserstoff technologisch einsetzen könnte, ist das auch sinnvoll. Zudem steckt die Transportinfrastruktur (noch) in den Kinderschuhen. Doch es gibt vielversprechende Ansätze – auch in der Pfalz. Am besten erzeugt man Wasserstoff dort, wo es genug grünen Strom gibt.
Schon 1874 ließ Jules Verne den Ingenieur Cyrus Smith in „Die geheimnisvolle Insel“ einen Blick in die Zukunft wagen: „Ich bin davon überzeugt, meine Freunde, dass das Wasser dereinst als Brennstoff Verwendung findet, dass Wasserstoff und Sauerstoff, seine Bestandteile, zur unerschöpflichen und bezüglich ihrer Intensität ganz ungeahnten Quelle der Wärme und des Lichts werden. Das Wasser ist die Kohle der Zukunft.“
Lotsenstelle Wasserstoff
Fragen zum Förderangebot der Bundesregierung rund um das Thema Wasserstoff beantwortet die „Lotsenstelle Wasserstoff“. Sie berät bei spezifischen Anliegen und erläutert in einer Erstberatung relevante Unterstützungsmöglichkeiten:
Projekte vorantreiben,
Erfahrungen sammeln
Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat Ende 2022 die „Wasserstoffstudie mit Roadmap“ (siehe Infokasten) vorgelegt, deren Ergebnisse die Dimension der Energiewende zeigen und das Potenzial des Wasserstoffeinsatzes im Bundesland umreißen. Sie prognostiziert, dass wir im Jahr 2045 mehr als 46 Milliarden Kilowattstunden Strom und 22 Milliarden Kilowattstunden Wasserstoff benötigen werden. Beides soll idealerweise klimaneutral erzeugt werden. Dabei räumt sie mit überzogenen Vorstellungen auf, die heimische Erzeugung grünen Wasserstoffs (regenerativ erzeugt) könnte maßgeblich zur Versorgung in der Pfalz beitragen.
Die rheinland-pfälzische Landesregierung postuliert das klimaschutzpolitische Ziel, zwischen 2035 und 2040 Klimaneutralität zu erreichen. Die dafür notwendige Dekarbonisierung erfordert eine stärkere Verknüpfung der Sektoren Strom, Wärme und Mobilität. Ein wichtiger Baustein dafür kann Wasserstoff als Element der Sektorenkopplung sein.
„Die Studie hat gezeigt, dass Wasserstoff eine transformatorische Wende unterstützen kann. Jedoch müssen zumindest in der Übergangsphase auch andere Wasserstoff- Farben zulässig sein, also beispielsweise auch mittels Methanpyrolyse erzeugter Wasserstoff“, kommentiert Steffen Blaga, Leiter des Geschäftsbereichs Innovation, Umwelt und Existenzgründung bei der IHK Pfalz, der eine Technologieoffenheit als unabdingbar einstuft. „Derzeit geht es darum, geplante und bestehende Wasserstoffprojekte voranzutreiben, Erfahrungen zu sammeln und rasch eine Infrastruktur aufzubauen. Eine nach wirtschaftlichen Maßstäben hinreichend gesicherte Energieverteil- und Energiespeicher-Infrastruktur wird in den kommenden Jahren das notwendige Rückgrat der deutschen Wirtschaft sein.“ Einen weiteren Vorteil sieht Steffen Blaga darin, „dass die Wasserstoffwirtschaft den europäischen Energiemarkt noch stärker harmonisieren wird, denn Wasserstoffprojekte gibt es in ganz Europa.“
Dort erzeugen, wo es sinnvoll ist
Günstig wäre es laut Wasserstoffstudie, den in der Pfalz benötigten Wasserstoff aus Norddeutschland, Südeuropa, aus Nahost und Nordafrika zu importieren. Dazu müssen Pipelines neu gebaut und umgewidmet werden. Die Studie zeigt außerdem: Die Wirtschaft braucht verlässliche Rahmenbedingungen beim Umbau auf eine klimaneutrale Produktion. „Die Studienergebnisse legen nahe, dass wir eine noch stärkere Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft benötigen“, so der IHK-Pfalz-Experte, „und dass auch Kommunen und Verwaltung eingebunden werden müssen. Planungsunsicherheit ist einer zukunftsgerichteten Transformationsdynamik in den Unternehmen nicht dienlich.“ Jules Verne würde sich bestimmt darüber freuen, dass seine Vision nun langsam ein kleines Stückchen näher rückt.
Steckbrief Wasserstoff
Wasserstoff ist ein Gas, bei dessen Herstellung viel Energie aufgewendet werden muss. Diese Energie bleibt zum Teil im Gas gespeichert. Damit ist Wasserstoff ein Energieträger, mit dessen Hilfe Energie gespeichert und transportiert werden kann. Umweltfreundlich ist die Energieversorgung mit Wasserstoff, wenn der Wasserstoff aus regenerativen Energiequellen erzeugt wird.
Das Erzeugungsverfahren heißt Elektrolyse: Aus Wasser H2O werden Wasserstoff H2 und Sauerstoff O – mithilfe von elektrischem Strom. Dabei wird elektrische in chemische Energie umgewandelt und im Wasserstoff gespeichert. In einer Brennstoffzelle wird das umgekehrte Prinzip genutzt, um wieder elektrische Energie zu gewinnen. Wasserstoff kann wie Erdgas zusammengepresst als Gas oder unter hohem Druck auch in flüssiger Form gespeichert werden.
Die Farben des Wasserstoffs
Wasserstoff wird in die Farben Grün, Türkis, Blau und Grau eingeteilt. Diese Farben geben Aufschluss über die Herstellungsart, die verwendeten Energieträger und Energiequellen sowie die entsprechende Klimaneutralität.

Grauer Wasserstoff: mittels Spaltung fossiler Brennstoffe und Strom aus fossilen Energien.
Grüner Wasserstoff: aus Elektrolyse von Wasser mit dem Beiprodukt Sauerstoff unter Verwendung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen, klimaneutral.
Gelber Wasserstoff: Wasserstoffproduktion aus einer Mischung erneuerbarer Energien und fossiler Brennstoffe.
Türkiser Wasserstoff: aus Spaltung von Methan mit Beiprodukt fester Kohlenstoff; je nach Energiequelle, Förderung des Erdgases und Weiterverarbeitung des festen Kohlenstoffes können Emissionen entstehen.
Blauer Wasserstoff: aus Spaltung von Methan mit Beiprodukt CO2, das gespeichert und nicht ausgestoßen wird.
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Marion Raschka
Freie Wirtschafts-Journalistin für IHK Interaktiv und das Wirtschaftsmagazin Pfalz.
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