
Wasserstoff: Beispiele aus der Praxis
Wie können Unternehmen Wasserstoff technologisch sinnvoll einsetzen? In der Pfalz gibt es einige vielversprechende Ansätze:
Testbetrieb auf der Straße
Lkw-Hersteller stehen unter dem Druck, sich langfristig von herkömmlichen Antrieben verabschieden zu müssen. Daimler Truck in Wörth fährt mehrgleisig: Derzeit laufen zwei Wasserstoff-Lkw im Testbetrieb, einer mit Brennstoffzelle und einer für die Betankung mit Flüssigwasserstoff. Letzterer hat seit Herbst eine Straßenzulassung und ist im regelmäßigen Testeinsatz auf öffentlichen Straßen unterwegs.
Die Mercedes-Benz GenH2 Trucks werden für besonders flexible und anspruchsvolle Einsätze, vor allem im wichtigen Segment des schweren Fernverkehrs, entwickelt. Eine Testfahrt über den Brennerpass verlief bereits erfolgreich. Entwicklungsziel ist eine Reichweite von 1.000 Kilometern und mehr. Der Serienstart ist für die zweite Hälfte des Jahrzehnts vorgesehen.
KST-Motorenversuch
Gegründet im Jahr 1967 zur Prüfung von Kraft- und Schmierstoffen, Sitz in Bad Dürkheim, über 200 Beschäftigte, international tätig als Prüfstanddienstleister und Auftragsentwickler. Ab 2000 Prüfstände zur Erprobung von Großmotoren, Turboladern und Abgasnachbehandlungsanlagen. Seit 2010 Prüffelder für E‐Antriebe und Hybridantriebe sowie zusätzlich Auf‐ und Ausbau für alternative Antriebe wie Brennstoffzellen und Wasserstoff-Verbrennungsmotoren sowie für die Entwicklung synthetischer Kraftstoffe (E‐Fuels).
KST Bad Dürkheim testet brennzellenbetriebene Motoren
www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/ludwigshafen/daimler-wasserstoff-woerth-100.html
Kompetenzzentrum Brennstoffzelle
In Rheinland-Pfalz gibt es eine Forschungsstelle mit Schwerpunkt Wasserstoff: Das FCCRP Fuel Cell Center Rheinland-Pfalz der Hochschule Trier am Umwelt-Campus Birkenfeld, sie wird von Professor Gregor Hoogers geleitet. Gemeinsam mit seinem Team untersucht er unter anderem, wie man den Platinbedarf bei Brennstoffzellen reduzieren kann, und wie Dieselabgase eine Brennstoffzelle beeinflussen könnten.
Experimentiert wird dabei mit Brennstoffzellenstapel: Das sind mehrere Brennstoffzellen, die Strom erzeugen können.
Stichwort Kompetenzzentrum Brennstoffzelle
www.umwelt-campus.de
Mit Wasserstoff und Brennstoffzelle in die Zukunft
www.swrfernsehen.de/landesschau-rp/gutzuwissen/so-funktionieren-alternative-antriebe-fuer-die-zukunft-100.html%20
Wasserstofftest bei Schott
Bis zu 35 Prozent Wasserstoff wurden beim Glashersteller Schott in Mainz dem Erdgas beigemischt, mit dem das Unternehmen die Schmelzwannen beheizt. Der großtechnische Versuch konnte im Dezember 2022 als Erfolg auf dem Weg verbucht werden, bis 2030 klimaneutral produzieren zu können. Für den Test war ein 47 Tonnen schwerer Gastank auf dem Betriebsgelände aufgestellt worden, der zweimal täglich per Lkw mit Wasserstoff befüllt wird. Perspektivisch wird über eine Wasserstoffpipeline nachgedacht, an die Schott angeschlossen werden könne.
BASF produziert für Eigenbedarf
In Ludwigshafen stellt das Unternehmen jährlich rund 250.000 t Wasserstoff her. Die Dampfreformierung ist mit hohen CO2-Emissionen verbunden, deshalb will BASF auf Elektrolyse und Methanpyrolyse umstellen, und hat eine Testanlage zur Methanpyrolyse in Betrieb genommen. Sie läuft seit gut zwei Jahren: ein Schritt hin zur großtechnischen Umsetzung, welche noch vor 2030 möglich sein soll. Dabei wird Erdgas oder Biomethan direkt in Wasserstoff und festen Kohlenstoff gespalten. Der Prozess der Methanpyrolyse erfordert rund 80 Prozent weniger Strom als die Wasserstoffherstellung mit Wasserelektrolyse. Stammt er aus erneuerbaren Quellen, könnte ein nahezu CO2-freies Verfahren erreicht werden.
BASF Film
Wasserstoff-Diplomatiebüros
Deutschland eröffnet Anfang 2023 ein neues Wasserstoff-Diplomatiebüro in Kasachstan, die Ukraine soll bald folgen. Das Büro soll zum einen den energiepolitischen Dialog Deutschlands mit Kasachstan intensivieren. Zum anderen soll es dem Land aufzeigen, wie es eine dekarbonisierte Energieexportwirtschaft aufbauen kann. Deutsche Wasserstoff-Diplomatiebüros gibt es bereits in Nigeria, Angola und Saudi-Arabien. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) verantwortet die Büros im Projekt H2Diplo im Auftrag des Auswärtigen Amtes.
Transportoptionen
Um Wasserstoffprodukte zu importieren, gibt es keine zu präferierende Transportoption: Alle untersuchten Alternativen haben Stärken und Schwächen, sie weisen unterschiedliche Umsetzungsanforderungen auf. Somit sind Transportoptionen fall- und einsatzspezifisch zu etablieren, wobei sich mehr Optionen positiv auf die Diversifizierung von Bezugsquellen auswirken können. Einige erscheinen dennoch aus Effizienz- und Kostengesichtspunkten besonders geeignet für einen schnellen Einstieg in die grüne Wasserstoffwirtschaft. Welche, das zeigt die Zusammenfassung „Optionen für den Import grünen Wasserstoffs nach Deutschland bis zum Jahr 2030“, August 2022, Schriftenreihe „Energiesysteme der Zukunft“.
Wasserstoff aus Luft
Ein internationales Forschungsteam hat ein Verfahren vorgestellt, das für die Elektrolyse keinen Wasseranschluss benötigt, sondern einfach Luftfeuchtigkeit nutzt. Selbst ausgesprochen trockene Luft mit nur vier Prozent relativer Feuchtigkeit enthalte noch genug Wasser für den Prozess, berichtet das Team um Gang Kevin Li von der Universität Melbourne. Im Praxistest habe ihr Gerät rechnerisch bis zu 93 Liter Wasserstoff pro Quadratmeter und Stunde geliefert, berichten die Forscher.
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Marion Raschka
Freie Wirtschafts-Journalistin für IHK Interaktiv und das Wirtschaftsmagazin Pfalz.
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