
Weil im Katastrophenfall jede Sekunde zählt
Alles begann mit ihrem Ehrenamt beim Technischen Hilfswerk (THW). Studenten der Hochschule Kaiserslautern hatten sich in den Kopf gesetzt, ein modulares Gestell für Rettungsmaterialien auf Lkw-Anhängern zu entwickeln, um im Ernstfall wertvolle Zeit zu sparen. Mit ihrer Geschäftsidee schufen die drei Wirtschaftsingenieure Lukas Kalnik, Trang Lam und Jan Schnellhaaß sowie der Maschinenbauingenieur Markus Weidmann ein Produkt, das es auf dem Markt bislang nicht gab.
Schon die Firmenphilosophie des Start-ups lässt aufhorchen: „Unser Ziel ist es, den Katastrophen- und Zivilschutz zu revolutionieren und zu modernisieren. Mit unseren nachhaltigen Produkten soll die Welt zu einem sichereren und besseren Ort werden, indem wir nationale und internationale Standards zur Prävention und Beseitigung von Notständen etablieren.“ Es sind vor allem die eigenen Erfahrungen, die das Gründerteam motiviert haben, den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen.
Denn im Ernstfall, das wissen sie, zählt jede Sekunde. Vor allem wenn es darum geht, Leben zu retten. Sie haben früh erkannt, dass die Einsatzmaterialien für Bergungsaufgaben zwischen den Einsätzen lose und unsortiert auf Stapelpaletten gelagert werden. Kommt es zum Einsatz, muss die Katastrophenstelle zunächst begutachtet werden, um die benötigten Einsatzmaterialien zu identifizieren. Erst dann können die Einsatzkräfte mit der aufwendigen Beladung des Lkw-Anhängers beginnen. Denn die schlechte Raumausnutzung führt dazu, dass nicht alle verfügbaren Einsatzmaterialien dauerhaft auf die Anhänger verladen werden können.

Trang Lam, Lukas Kalnik, Markus Weidmann, Jan Schellhaaß (v.l.n.r.) schufen mit Ihrer Geschäftsidee ein einmaliges Produkt.
Am Einsatzort angekommen, steht den Hilfskräften in der Regel kein Gabelstapler zur Verfügung und die unstrukturiert verladenen Einsatzmaterialien müssen mühsam per Hand entladen werden. Durch diesen Arbeitsschritt geht vor Ort wertvolle Zeit verloren. Der dadurch entstehende Zeitdruck und die schlechte Ergonomie führen sowohl zu einer physischen als auch zu einer psychischen Belastung der Einsatzkräfte. Gleichzeitig wächst die Gefahr für Menschenleben immer weiter an.
Dem stellt Inventied nun ein Produkt entgegen, mit dem alle notwendigen Einsatzmaterialien des THW für Rettungsaufgaben ergonomisch, sicher und permanent verladen werden können. Die Vorteile liegen auf der Hand: Einsatzkräfte können im Katastrophenfall ohne mühsame und zeitaufwendige Einsatzvorbereitung ausrücken, „wodurch sie ausgeruht und schnell zum Einsatzort gelangen, um Menschen in Not zu helfen“, wie es Mitgründer Lukas Kalnik formuliert.
In einem Forschungsprojekt an der Hochschule wurde unter dem Namen Vario-Load-Rescue ein Prototyp für den Zivil- und Katastrophenschutz entwickelt, der in Lkw-Anhänger verbaut werden kann. „Für diesen Anwendungsbereich gibt es noch keine andere Lösung, weshalb unser Produkt derzeit einzigartig ist“, weiß Kalnik. Der Vario-Load soll die Arbeitssicherheit, die Zeiteffizienz und die Ergonomie für die Beteiligten im Einsatz erhöhen.
Neben der „Basis-Ausstattung“ sind inzwischen weitere Ladungsträger-Systeme verfügbar: Mit dem Vario-Load Flood lassen sich beispielsweise Hochwassermaterialien fachgerecht lagern und gezielt in Hochwasser-Risikogebieten zur Verfügung stellen. Der skalierbare Anhänger Vario-Load Pump
ermöglicht darüber hinaus eine rechtzeitige Nachsorge. „Die Einsatzmaterialien wie Pumpen, Schläuche und Notstromaggregate werden bevorratet, die von Katastrophenschutz-Organisationen und Kommunen selbst eingesetzt oder den Betroffenen eines Hochwassers zur Verfügung gestellt werden können“, erläutert Markus Weidmann die Einsatzmöglichkeiten.
Mit dem Vario-Load Paramedic schließlich wurde eine mobile Sanitätsstation geschaffen, um die Koordination und Behandlung an Unfallstellen zu verbessern. Das System verspricht eine größere Behandlungskapazität, sowie einen schnelleren und einfacheren Aufbau als reguläre Sanitätsstationen.
Die Firmengründung erst ermöglicht hat ein EXIST-Gründerstipendium. „da die Kosten für unser Produkt und die nötige Messtechnik zur Durchführung von sicherheitsrelevanten Tests mit hohen Kosten verbunden sind“, erläutert Kalnik. Neben der finanziellen Unterstützung profitiere das Start-up zudem von einem großen Netzwerk mit Experten aus allen Branchen. Im Anschluss an EXIST erhielt das junge Unternehmen ein „Start.in.RLP“-Gründerstipendium. Im vergangenen Herbst nun hat sich die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) über zwei Tochtergesellschaften aus Mitteln des Innovationsfonds II an der inventied GmbH beteiligt. Dabei handelt es sich um eine Fördermaßnahme des rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministeriums. Der Fonds wird mitfinanziert durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung der EU.
„Mit der Beteiligung der ISB ist es für uns nun möglich, den Katastrophenschutz effizienter und digitaler zu machen, sodass die Einsatzkräfte die Möglichkeit haben, sich durch technologische Unterstützung auf das Wesentliche zu fokussieren. Unser Ziel ist es, neben den Einsatzkräften die Gesellschaft auf die kommenden Katastrophen, die auch durch den Klimawandel verursacht werden, durch Schulungen und Beratung vorzubereiten“, sieht Kalnik sein junges Unternehmen vor großen Herausforderungen. Es ist ganz sicher nicht ihr letzter Schritt auf dem Weg, den Katastrophen- und Zivilschutz zu revolutionieren und zu modernisieren.
Übrigens: Die Firmengründer sind auch heute noch in ihrer Freizeit ehrenamtlich beim THW engagiert.
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Dirk Leibfried
Freier Wirtschafts-Journalist für IHK Interaktiv und das Wirtschaftsmagazin Pfalz.
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