
Wirtschaft nicht überregulieren!
Mit dem Energieeffizienzgesetz und dem neuen Gebäudeenergiegesetz hat das Bundeskabinett jüngst zwei Gesetzesentwürfe auf den Weg gebracht, die Wirtschaft und Gesellschaft auf lange Sicht beschäftigen werden. Über die EU droht den Unternehmen mit dem Net Zero Industry Act sowie verschärften Emissions- und Chemikalien- Verordnungen weiteres regulatorisches Ungemach.
Diese Gesetzgebungsvorhaben zielen auf Dekarbonisierung und nachhaltige Entwicklung der Wirtschaftsunternehmen ab, beinhalten jedoch konkrete unternehmerische Verpflichtungen. So müssen betriebliche Maßnahmenpläne und Informationen zum Energieverbrauch offengelegt und Abwärme vollständig vermieden oder genutzt werden. Das ist neben dem erhöhten bürokratischen und technischen Aufwand auch unter dem Gesichtspunkt Betriebsgeheimnisse kritisch zu sehen.
Die Ziele sind gut und richtig, doch die gesetzliche Regelungswut könnte sich als wirtschaftsschädlicher Bumerang erweisen – gerade für die Wirtschaft in Rheinland-Pfalz, die durch mittelständische Unternehmen und einen hohen Industrieanteil geprägt ist. Denn durch die hohe Exportquote stehen hier viele Betriebe im direkten Wettbewerb mit ausländischen Unternehmen und Produktionsstandorten.
Oft haben die Unternehmen keine Möglichkeiten, gestiegene Herstellungs- und Produktkosten an die Kunden weiterzugeben. Durch die enge Verzahnung der Wertschöpfungsketten dürfte dieser Effekt sehr schnell und massiv auf die Ebene der Zulieferer und letztlich auch auf die gesamte Gesellschaft durchschlagen. Dabei sind die Unternehmen doch längst selbst motiviert, Energie, Prozesse und Kosten effizient zu gestalten. Dies sind selbstverständliche Bestandteile der Unternehmensstrategien; die Unternehmen brauchen ganz sicher keine weiteren, verpflichtenden Verschärfungen durch die Politik.
Die Abkehr von der bisherigen kooperativen Effizienzpolitik hin zu konkreten unternehmerischen Verpflichtungen bedeutet für die gewerbliche Wirtschaft – nicht nur in Rheinland- Pfalz – indes einen massiven Eingriff in ihre Handlungsfreiheit und zusätzlich einen rein regulatorisch veranlassten Mehraufwand, der am Markt nur äußerst schwer zu kompensieren sein dürfte.
Viele Branchen befinden sich aktuell in einer entscheidenden Phase der Unternehmensstrategie. Nach meinem Verständnis muss es daher mehr denn je Aufgabe der Politik sein, durch transparente und kooperative Wirtschaftspolitik zur strategischen Planungssicherheit in den Betrieben beizutragen. Nur so können wir Unternehmen und Arbeitsplätze im Land halten und zukünftige Entwicklungen befördern, statt sie systemisch vorzuzeichnen und schlimmstenfalls sogar zu verhindern.
Effizienz steigern und Wirtschaftswachstum sichern, betrieblichen Klimaschutz fördern, Verhältnismäßigkeit wahren, unnötige Bürokratie und Überregulierung vermeiden – all das ist aktive Wirtschaftsförderung zum Wohle aller. Dies werden wir auch weiterhin im Namen der pfälzischen Wirtschaft einfordern.
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Albrecht Hornbach
Präsident der IHK Pfalz und Vorstandsvorsitzender der Hornbach Holding AG in Neustadt a.d.W. sowie Aufsichtsratsvorsitzender der HORNBACH-Baumarkt-AG, Bornheim.
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Ein sehr allgemeinen gehaltener Beitrag. Wahrscheinlich stimmt das, dass Unternehmen motiviert sind. Fragt sich nur wo sind die Leuchtturmunternehmen für Energieeffizienz und Nachhaltig in der Industrie der Pfalz? Wie groß ist der Beitrag dieser Leuchtturmunternehmen? Kehren Sie doch bitte vor der eigenen Haustür: wann erhalten Mitglieder der IHK Pfalz endlich digitale Beitragsbescheide und Onlinezugang zum Unternehmenskonto?